Die Kirche und die Abschaffung der Reinkarnation



Die Lehre der Reinkarnation (Wiedergeburt)
und das 5. Konzil von 553 in Konstantinopel

Wie die Reinkarnation aus dem christlichen Glauben verbannt wurde

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1. Vorwort

Reinkarnation (wieder geboren werden) bedeutet Hoffnung für den Menschen. Die ewige Verdammnis oder die Hölle bzw. das Fegefeuer, wie es im christlichen Glauben verstanden wird, gibt es nicht. Die Hölle ist unser Leben, wenn es zur Qual wird, und das Fegefeuer, das Purgatorium ist der Umwandlungsprozess, den wir durchschreiten, -in jeder neuen Inkarnation – wenn wir dazu bereit sind. Das Hinaufsteigen zur Göttlichkeit geht über den Weg des Wiedergeborenwerdens. Denn das Universale Sein des Menschen ist Göttlich und Menschlich.

In den christlich-orthodoxen Glaubensrichtungen ist dieses Wissen bedauerlicherweise verloren gegangen.

Möge Ihnen, geehrter Leser, geehrte Leserin, dieses kleine Schrifttum einen Einblick in ein uraltes Wissen geben, das seit jeher für die Menschheit gegolten hat.


2. Wie die Reinkarnation (Wiedergeburt)
aus dem christlichen Glauben verbannt wurde

Die Ausgangslage

Gnostische (1) Gruppen kannten die Lehre der Reinkarnation, welche in der orphisch (2) -pythagoreischen Tradition Griechenlands geläufig war. Die Reinkarnationslehre war in der Antike stark verbreitet. Herodot fand sie bei den ägyptern und Vergil zitiert sie in der äneis. Auch im antiken Nordafrika, Vorder-und Mittelasien, von Anatolien (Türkei) und ägypten bis nach Persien war die Seelenwanderung allgemeines Gedankengut. Die Katharer im Hochmittelalter kannten sie ebenfalls und esoterische Kreise halten noch heute daran fest (3, 4, 5 ).

Die Reinkarnationslehre geht aber auch auf die strittigen Lehren des Origenes zurück, die das 5. und 6. Jahrhundert stark beschäftigten (6). Die strittige Frage nach Diekamp lautet: Wurde (Herakles) Origenes und seine Irrlehren am fünften ökumenischen Konzil von 553 von Konstantinopel aufgrund ausreichender Beratungen verurteilt oder nicht. Diekamp spricht davon, dass es eine schwierige und verwickelte Frage sei, die er wagt in Angriff zu nehmen. Er bedient sich dabei eines bereits bestehenden Dokumentes, das bis dahin für diesen Zweck nicht benutzt wurde (7, 8).

Die Protokolle – so Diekamp – der acht Sitzungen des Konzils von Konstantinopel von 553 enthielten nichts darüber. In der fünften Sitzung werde zwar erwähnt, dass Origenes von den anwesenden Bischöfen verurteilt wurde (9). Der Schluss wäre deshalb naheliegend, dass es sich bei diesen Beratungen um das kaiserliche Edikt von Justinian I. gegen Origenes von 543 drehte. In der achten Sitzung werde er mit anderen Häretikern erwähnt und mit dem Anathem (Kirchenbann) belegt, über die aber am 5. Konzil nicht verhandelt worden war. Daraus zu schliessen, es seien gründliche Beratungen vorausgegangen, ginge zu weit.

Die Akten des Konzils von 553 sind erstmals im Jahre 1567 durch Laurentius Surius veröffentlicht worden. Die mittelalterlichen Gelehrten zweifelten nicht an der Verurteilung des Origines von Antiochien am 5. Konzil. Da aber die neu veröffentlichten Protokolle nichts dergleichen enthielten, begann ein Meinungsstreit. Vereinzelte Richtungen vertraten indessen die Meinung, dass die Reinkarnationslehre als Folge des ersten ökumenischen Konzils von 325 in Konstantinopel unter Kaiser Konstantin, an welchem das Glaubensbekenntnis festgeschrieben wurde, von den "Korrektoren" aus dem Kanon gestrichen wurde (10), und andere vertreten den Standpunkt, dass die Reinkarnationslehre am Konzil zu Chalcedon (451) bekräftigt wurde. Am Konzil zu Chalcedon, dem vierten der früheren Konzile, waren ca. 520 Bischöfe oder deren Vertreter anwesend. Zu den wichtigsten Beschlüssen gehörten die Bestätigung des Glaubensbekenntnisses von Nicäa (325) und des Glaubensbekenntnisses von Konstantinopel (381), die Verdammung des Monophysitismus (vgl. dazu FN 30 hinten) und die Bekräftigung, dass die christliche Kirche das natürliche Gesetz der Wiederverkörperung anerkennt.

Anmerkungen:
(1) Griechisch: Erkenntnis, Wissen, über das Wissen, die Genesis, findet der Mensch zu seinem Wesen, Ursprung und Ziel. Gnostische Gruppen der frühchristlichen Zeit waren u. a. im Osten des röm. Reiches verbreitet.
(2) Orphik: aus Trakien stammende religiös-philosophische Geheimlehre der Antike, bes. im alten Griechenland, die Erbsünde und Seelenwanderung lehrte (Duden, Fremdwörterbuch).
(3) Jochaim Finger, Jesus – Essener, Guru, Esoteriker, Neue Evangelien und Apokryhen auf den Buchstaben gefühlt, in Matthias-Grünewald-Verlag , Mainz, Quell Verlag Stuttgart 1993, S.29f.
Apokryph bedeutet verborgen. Als Apokryph werden jene Schriften bezeichnet, die nicht in den Kanon aufgenommen wurden, aber den anerkannten biblischen Schriften formal und inhaltlich sehr ähnlich sind.
(4) Kersten Holger, Jesus lebte in Indien, Sein geheimes Leben vor und nach der Kreuzigung, Ullstein, 2. Auflage 1996, S. 144f.
(5) Arno Borst, Die Katharer, Herder Verlag 7. Auflage, Kap. III. 5. Der katharische Glaube, 5. Erlösung und Ende S. 127f.
(6) Dr. Franz Diekamp, Privatdozent der Theologie in Münster, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Konzil, 1899, Druck und Verlag der Aschendorff’schen Buchhandlung, gedruckt am 28. Juli 1899
(7) Diekamp stellt die Chronologie der Gegebenheiten richtig und ergänzt sie. Er benutzt ein längst gedrucktes Material, nämlich die Lebensbeschreibung des Hl. Sabas vom Hl. Kyrillos von Skythopolis, das für diesen Zweck bis heute nicht verwendet wurde.
(8) Der Verfasser der Lebensbeschreibung des Hl. Sabas verfolgte die Ereignisse um die origenistischen Streitigkeiten bis zum 21. Febr. 555, während der Hl. Sabas, ein Mönchsfürst bereits am 5. Dezember 532 starb. Das griechische Original wurde ins Altslawische übersetzt. Kyrillos verfolgt die Ereignisse mit einer Fülle von Daten, um zu zeigen, dass ein prophetisches Wort der vollständigen Unterdrückung von Origenes in Erfüllung geht. Kyrillos wurde als echter Geschichtsschreiber geehrt und mit hoher Achtung ausgezeichnet.
(9) Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Konzil, Einleitung S. 1ff.
(10) Jochaim Finger, a.a.O. S. 89 ff, Finger verweist dabei auf diverse esoterische Schriften, namentlich auf die Hare-Krishna – Bewegung (dort Raja Viday dasa, Die Bibel in ihrem eigenen Licht, Zürich, Govinda Kulturtreff 1987, S. 3). Sodann bezieht er sich u.a. auch auf den Essäer – Brief, S. 11, welcher in der Antike von den Essenern versteckt wurde, in der Neuzeit verfolgt und in den vatikanischen Archiven versenkt wurde. Auch verweist er auf das Wassermann-Evangelium S.14 (Levi, Das Wassermann-Evangelium von Jesus, dem Christus, Heinrich Hugendubel-Verlag, München 1997). In der Tat sind in den Kanonen die Lehren diverser Häretiker verdammt worden, so auch die Lehren der Katharer im Canon III und die gnostischen Lehren zusammen mit anderen Häretikern im Canon VI. Origenes wird aber nicht namentlich erwähnt (vgl. Acta et Canones sacrosancti primi oecomenici concilii Nicaeni..., studio et labora, Alphonsi Pisani, codecta et consinata).


Wer war Origenes?

Origenes (ca. 185 - 254) (10) war ein alexandrinischer Lehrer und ist der christlichen Kirche als umstrittener Kirchenlehrer und Kirchenvater bekannt. Er war ein Schüler des geheimnisvollen Philosophen Ammonius Saccas aus Indien, auch Ammonius der Saker (11) genannt, und des Clemens von Alexandrien (ca. 150 - 214). Mit Origenes soll zu Beginn des 2. Jahrhunderts eine neue Phase der Hellenisierung (12) des Christentums begonnen haben, deren Hauptherd die Katechetenschule zu Alexandrien war (13). Origenes lehrte die Präexistenz der Seele und die Apokatastasis (14), die Leugnung der Ewigkeit der Höllenstrafen, womit er die Gleichwerdung der Menschen mit dem Christus nach dem Tode (durch die Apokatastasis) vertrat. Seine Lehren stützten sich auf die der großen griechischen Philosophen Pythagoras, Plato und Plotin (15). Von Origenes' Schriften ist leider nur noch ein Bruchteil vorhanden, da ein Großteil seiner Schriften wegen der Reinkarnationslehre vernichtet wurden (16, 17).

Ein Kirchenhistoriker namens Sokrates hat Origenes mit überschwenglichen Worten gewürdigt. Diekamp spricht von einem "großen Meister". Die Kreise, die die origenistischen Lehren im fünften und sechsten Jahrhundert vertraten, waren gegen Schluss vorwiegend in Palästina und Syrien beheimatet, vertreten durch vier Mönche, darunter Leontius von Byzanz, die insgeheim Anhänger der Lehren des Origenes waren. Diese wurden deswegen aus ihrem Kloster vertrieben und 542 an einer topischen (18) Synode um den Patriarchen Ephraim von Antiochien verurteilt.

Anmerkungen:
(10) Origenes: um 185 253/254, griech. Kirchenschriftsteller, war der bedeutendste Gelehrte des christlichen Altertums. Alle griech. Theologen des 3.- 5. Jahrh. waren irgendwie durch ihn bestimmt, auch wenn sie egen ihn ankämpften. Durch seine eingehende philosophisch-platonische Bildung bestimmt, hatte O. mit Hilfe allegorischer Schriftauslegung das Christentum wider Willen völlig umgedeutet und spiritualisiert. Er blieb im Jahre 250 der Verfolgung durch Decius trotz schwerer Folter standhaft. Der Streit um seine Rechtgläubigkeit begann Ende des 4. Jahrh. und führte 553 auf dem 5. ökum. Konzil von Konstantinopel zu seiner Verurteilung (Brockhaus-Lexikon).
(11) Holger Kersten, a.a.O. S. 151: Die Saker waren ein nordindischer Stamm. Die nordindische Herkunft von Ammonius ist heute ausser Zweifel. Jedoch glaubt man, dass der Beiname Sakkas oder Saker eher Sakya oder Sakyamuni bedeute und ein Hinweis darauf sei, dass es sich um einen buddhistischen Mönch gehandelt habe.
(12) Hellenisierung des Christentums: Die dogmatische und kultische Entwicklung der Kirche des 2. und 3. Jahrh. wird seit HARNACK oft als überfremdung und wesenhafte Umgestaltung des urchristl.Glaubensgutes und Kultes durch hellenistische Begriffe und Ideen betrachtet.
(13) Dr. Walther Glawe, Privatdozent an der Universität Rostock, Die Hellenisierung des Christentums in der Geschichte der Theologie von Luther bis in die Gegenwart, 1912, in Neue Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche, hrsg. von N. Bonnewitsch und R. Seeberg, S. 187ff., dort auch
(14) Apokatastasis, die Leugnung der Ewigkeit der Höllenstrafen, womit Origenes die Gleichwerdung des Menschen mit dem Christo nach dem Tode (durch die Apokatastasis) vertrat. Seine Lehren stützten sich auf die grossen griechischen Philosophen Pythagoras, Plato und Plotin. Apokatastatis: bedeutet im weiteren Sinne die Möglichkeit, dass noch einmal alle selig werden können, auch die in diesem Leben Gott beharrlich widerstrebt haben. Anhänger der Allversöhnungslehre waren Origenes, Zinzendorf Oetinger, Schleiermacher, Blumhardt, Vater und Sohn (Brockhaus-Lexikon).
(15) Von Origenes Schriften ist leider nur noch ein Bruchteil vorhanden, da ein Grossteil seiner Schriften zufolge der Reinkarnationslehre vernichtet wurden.Zwei Schriften existieren noch: Origenes : De principiis und Origenes: Contra Celsum. Dr. Hamilcar S. Alivisatos, Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I. Berlin, Trowitsch & Sohn, 1913, in Neue Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche, hrsg. von N. Bonnewitsch und R. Seeberg, S. 9f.
(16) (17) Der Kirchenhistoriker namens Sokrates hat Origenes mit überschwänglichen Worten gewürdigt. Diekamp spricht von einem grossen Meister. Die Kreise, die die origenistischen Lehren im fünften und sechsten Jahrhundert vertraten, waren gegen Schluss vorwiegend in Palästina und Syrien beheimatet, vertreten durch vier Mönche, darunter Leontius von Byzanz, die insgeheim Anhänger der Lehren waren.
(18) Topik: griech. Lehre von den Gemeinplätzen, bei den griechischen und römischen Rhetoren, die systematische Darstellung gewisser, allgemein anerkannter Begriffe und sätze wie Freiheit, Gerechtigkeit; von den Griechen seit Aristoteles eingehend bearbeitet, unter den Römern besonders von Cicero in der Topica.


Die origenistischen Streitigkeiten

Kaiser Justinian hat mehrere theologische Schriften verfasst, darunter ein "Liber adversus Origenem", adressiert an den Patriarchen Menas von Konstantinopel und verfasst in den Jahren um 543. In dieser Schrift zählte Justinian alle Häresien (19) gegen Origenes auf und belegte sie in zehn Anathematismen mit dem Kirchenbann. Die zehn Jahre später verfassten 15 Anathematismen des 5. ökumenischen Konzils von 553 passen nicht nur zu dem Brief des Kaisers Justinian, den er an die Bischöfe des Konzils richtete, sondern decken sich vielfach mit den Anathematismen Justinians gegen Origenes (20), welche dem Brief beigefügt waren. Weiter hat er einen Brief an eine Synode gegen Origenes gerichtet, deren Datum umstritten ist. Dr. Alivisatos neigt eher dazu zu glauben, dass es sich hier um einen Anhang an den vorgenannten Libellus handelt (21) (vgl. aber hinten, wo dargelegt wird, dass es sich um den gleichen Brief an die Bischöfe handelte, die am Konzil teilnahmen).

Die origenistischen Streitigkeiten dauerten bis zum Tode des Hlg. Johannes Chrysostomos, Bischof von Konstantinopel, im Jahre 407. Origenes war hochgepriesen, aber auch geschmäht. Die christologischen Kontroversen beherrschen die Schauspielbühnen. Im allgemeinen führte der Origenismus im 5. Jahrhundert aber ein sehr verborgenes Leben. Erst im 6. Jahrhundert entfaltete sich der Origenismus zu neuer Blüte.

Anmerkungen:
(19) Von der offiziellen Kirchenlehre abweichende Lehre, Ketzerei (das Fremdwörterbuch, Duden).
(20) Dr. Franz Diekamp, a.a.O.S.88 ff.
(21) Dr. Hamilcar S. Alivisatos, a.a.O.S.9ff.


Das kaiserliche Edikt von 543

Der Heilige Sabas, Abt einer LAURA (Kloster) in Jerusalem (22), wurde von Kaiser Jusitinian nach Rom berufen. Er nahm einen der vier Mönche mit auf die Reise, namens Leontius, der sich in einer von Kaiser Justinian initiierten Diskussion zwischen den Orthodoxen und den Monophysiten (23) zu den Lehren des Origenes bekannte. Sabas verstieß daraufhin Leontius und versprach dem Kaiser, dass er sowohl den Arianismus (der die Lehre der Präexistenz der Seele nicht vertrat (24) ), wie auch die Häresien des Origenes vollkommen ausrotten werde. 531 kehrte dann Sabas mit den erbetenen kaiserlichen Dekreten zurück. Im Auftrage des Bischofs und des Erzbischofs unternahm er dann eine längere Reise durch Palästina, um die Dekrete bekannt zu machen. Aber nach kurzer Krankheit starb er am 5. Dezember 532. Nach seinem Tode wurde alle Mönche der neuen Laura Origenisten.

Unter dem wirksamen Schutz der heimlichen Origenisten Domitian, Bischof von Ankyra, und dem allmächtigen Theodoros von Askidos, Bischof von Cäsaräa, die am Hofe des Kaisers Justinian residierten, konnte sich die origenistische Lehre in Palästina verbreiten. An einer Synode in Gaza, Ostern 542, kamen auch Mönche von Jerusalem mit Excerpten (Auszügen) aus Origenes' Schriften, die eine Verurteilung Origenes' durch den Kaiser erreichen wollten. Der Diakon Pelagius nahm sich dieser Sache vor dem Kaiser an, ebenso der Patriarch Menas von Konstantinopel, beide aus dem gleichen Motiv, nämlich aus Eifersucht gegen den allmächtigen Theodoros von Askidos. Kaiser Justinian erliess daraufhin im Jahre 543 auf der Synode der Ostkirche das Edikt gegen Origenes und belegte jene Kapitel mit dem Anathem (Kirchenbann). Die Bischöfe von Palästina mussten gemäß der Weisung Justinians ihren Beitritt erklären, und es ist anzunehmen, dass alle anderen Episkopate der übrigen Patriarchate, die vom Origenismus nicht "infiziert" waren, bereitwillig unterschrieben. Es kam eine Verdammung des Origenes und seiner "Irrlehren" durch die Gesamtkirche zustande. Auch Theodoros Askidos und Domitian unterschrieben das Edikt. Im Februar 543 wurde das Edikt in Jerusalem publiziert.

Dieses kaiserliche Edikt ist eines der wichtigsten Dokumente der Politik Justinians. Der Erlass enthält einen didaktischen Teil und anschließend die Verfügung (25). Im didaktischen Teil widerlegt Justinian die Lehre der Präexistenz der Seele unter Bezug auf verschiedene Stellen der Heiligen Schrift. Kürzer ist die Leugnung, dass Himmel, Sonne, Mond und Sterne und die Wasser über den Himmeln von gewissen "vernünftigen Kräften" belebt seien; und die origenistische Leugnung der Ewigkeit der Höllenstrafen wird scharf zurückgewiesen.

Wörtlich lauten das 1. - 3. und das 9. - 10. Anathema wie folgt:
Anathema = (griechisch): das Gottgeweihte, die Verfluchung, der Kirchenbann

1. Wenn jemand sagt oder meint, die Seelen der Menschen präexistieren, sie seien zuvor Geister und Heilige Kräfte gewesen, haben aber dann - der göttlichen Anschauung überdrüssig - sich zum Schlimmeren gewendet und seien, weil dadurch die göttliche Liebe erkaltet sei, Seelen genannt und zur Strafe in Leiber hinuntergeschickt worden, so sei er Anathema (verflucht).

2. Wenn jemand sagt oder meint, dass die Seele des Herrn präexistiert habe und vor der Menschwerdung und der Geburt aus der Jungfrau mit dem Gott Logos vereinigt gewesen sei, so sei er Anathema.

3. Wenn jemand sagt oder meint, zuerst sei der Leib unseres Herrn Jesus Christus in dem Mutterleibe der Heiligen Jungfrau gebildet worden, und hernach habe sich der Gott Logos und die präexistierende Seele mit ihm vereinigt, so sei er Anathema...

9. Wenn jemand sagt oder meint, die Strafe der Dämonen und der gottlosen Menschen sei eine zeitliche und werde einmal ein Ende haben, mit anderen Worten, es werde eine Apokatastasis der Dämonen oder gottlosen Menschen eintreten, so sei er Anathema.

10. Anathema auch dem Origenes, der auch Adamantios heisst, der dieses gelehrt hat, samt seinen abscheulichen, verfluchten und lasterhaften Dogmen, und jeder Person, die dieses denkt oder verteidigt oder überhaupt auf irgend eine Art zu irgendwelcher Zeit hiefür einzutreten wagt!

Aufgrund besonderer Umstände und besonderer Machenschaften des Theodoros Askidos gelang es den origenistischen Mönchen trotz des kaiserlichen Ediktes und ihrer Verbannung aus den Klöstern - da sie sich dem Edikt nicht beugten - sich in Palästina in der neuen Laura zu etablieren und praktisch in alle Klöster wieder einzuziehen. Dadurch, dass Theodoros nun die Gegnerschaft der Origenisten kannte, schaffte er es, diese lahm zu legen.

Es gab aber auch Bestrebungen, die Verdammung der Lehren des Origenes und seiner selbst ungeschehen zu machen, indem man versuchte, gegen Theodoros von Mopsuestias, der unter anderem auch eine Schrift gegen Origenes verfasst hatte und der ebenfalls an dieser Synode verurteilt wurde, eine Bewegung ins Leben zu rufen.


Anmerkungen:
(22) vgl. FN 6.
(23) altkirchliche Lehre, nach der die zwei Naturen - Gott und Mensch - Christi (Dyophisitismus) zu einer neuen gottmenschlichen Natur verbunden sind. Dyophisitismus bedeutet die Zweinaturenlehre, nach der Christus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist.
(24) Jochaim Finger, a.a.o. S. 30, mit Quellennachweis in FN 30, Le livre V 6, (La Révélation d’Arès – intégrale, Arès: Maison der la Révélation 1984, S.246). Schirmherr der Ariussekte des Christentums war der Hl. Juan Chrisostomos. Arius war ein Geistlicher, der die neue Sekte im Jahre 312 gründete und den Trinitätsglauben sehr scharf verurteilte und lehrte, dass Christus erst durch seine Erlösungstat zur Gottheit erhoben wurde. Die Erhebung zur Gottheit ist mit der im kath. Glauben gefeierten Christi Himmelfahrt vergleichbar. Konstantin, den der Kampf zwischen den Katholiken und den Arianern sehr beunruhigte, beschloss, sich mit den Christen zusammenzuschliessen. Das Konzil v. Nicäa in 325 verwarf diese Lehre und exkommunizierte sie. Konstantin begnadigte sie aber in der unter dem Namen „Edikt von Mailand" bekannten Verordnung und gab seinem Land damit die Glaubensfreiheit. Mit der Trinitätslehre, wonach die drei göttlichen Wesen, Vater, Sohn und der heilige Geist eine Einheit manifestieren, wird ein neues Glaubenssystem anerkannt. Der Glaubensfreiheit setzte Kaiser Konstantin selbst ein Ende, als er sein Land unter seine Söhne aufteilte und damit der religiösen Auseinandersetzung Vorschub leistete. Am Konzil von Ephesus wurde wieder beschlossen und proklamiert, dass die Jungfrau Maria ihren Sohn Jesus als Gottessohn gebar.
(25) Dr. Franz Diekamp, a.a.O. S. 48 ff.


Das 5. ökumenische Konzil von
Konstantinopel von 553

Wie kam es hier zu einer erneuten Verurteilung
der Lehren des Origenes?


Inzwischen starb Nonnos (547), der Hauptführer der Origenisten in Jerusalem. Danach teilten sich die Origenisten in die ISOCHRISTEN und die PROTOKTISTEN auf. Die dogmatischen Anschauungen, die die beiden Lager trennten, sind allerdings nicht hinreichend bekannt. Die Protoktisten kehrten sich von der Lehre der Präexistenz der Seele ab und verbündeten sich mit den Orthodoxen, währen die Isochristen an der alten Lehre festhielten. Die Lehre der Apokatastasis blieb beim Abschwur der Protoktisten indessen unerwähnt, es scheint aber, dass sie auch dieser Lehre widersprachen, da sie dem Christus in der Schöpfungsgeschichte eine exzeptionelle Stelle einräumten.

Der allmächtige Bischof Theodoros Askidos unterstützte die Isochristen und verlieh ihnen zahlreiche Bischofssitze und Abteien in Palästina, wodurch sie in Palästina in der überzahl waren. Die origenistischen Mönche hatten freie Hand und predigten ihre Lehre, wo immer sie waren, so dass orthodoxe Anhänger mitunter als Sabaisten verteufelt wurden, was auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen führte, bis hin zu Todesfällen.

In dieser Bedrängnis wendeten sich die Orthodoxen an den Kaiser. Als ihr Vertreter begab sich der Abt Gelasius im Jahre 546 nach Rom, erreichte sein Ziel allerdings nicht, denn Theodoros Askidos verhinderte, dass er in Rom empfangen wurde. Auf der Rückreise nach Jerusalem starb Gelasius. Dadurch überstürzten sich die Ereignisse. An die Stelle des Abtes Melitas trat im Februar 547 ein Origenist namens Georgius, der sich aber nicht bewährte. Sein Nachfolger Kassians wurde vom Patriarchen ernannt, starb jedoch bereits am 20. Juli 548. Durch diese Ereignisse erhielt der Lyriker und Abt Konon, weltberühmt geworden durch seine orthodoxen Lehren, Aufschwung, und es gelang ihm, die "verstreute Herde" des Sabas wieder zu vereinen. Schließlich überreichten er und seine Gefährten dem Kaiser im September 552 ein Libellus (Büchlein, kleine Schrift), eine Klageschrift, worin sie die Gottlosigkeit der Origenisten anprangerten. Das 5. Konzil war zu diesem Zeitpunkt bereits einberufen. Nach Abschluß des Konzeils übermittelte der Kaiser die Akten nach Jerusalem, da sich der dort verantwortliche Patriarch Eustochios nicht auf der Synode befunden hatte. Der kehrte nun vor Beginn des Konzils zurück, denn seine Anwesenheit war zur Behandlung der Streitigkeiten über die Origenisten erforderlich. Eustochios war übrigens auf Vorschlag von Konon und seinen Gefährten von Kaiser Justinian als Patriarch eingesetzt worden, vermutlich im Dezember 552. Nun versammelte er in Jerusalem die Bischöfe. Es haben alle Bischöfe bis auf einen, der später verdammt wurde und bei einem Erdbeben ums Leben kam, mit "Hand und Mund" die Beschlüsse bestätigt.

Die Mönche der neuen Laura widersetzten sich indessen den Beschlüssen. Acht Monate lang kämpfte Eustochios vergebens um die Anerkennung der Mönche, bis er sie dann kraft kaiserlichen Edikts im März 554 vertrieb. Damit war den klösterlichen Genossenschaften Palästinas der langentbehrte Frieden wieder gegeben und der Origenismus hat sich seither nicht mehr zu größerer Bedeutung aufschwingen können.


Die Synodalsentenz gegen die Origenisten
Die Echtheit der Handschriften

Die Lehren des Origenes sind während der 7. Sitzung im 11. Anathem (Kirchenbannfluch) verurteilt worden. Das Konzil tagte vom 5. Mai bis zum 8. Juni an 8 Sitzungen, Ob die Sitzungen protokolliert wurden, ist ungewiss. Es wurde auf verschiedene Weise versucht, die Verurteilung des Origenes und seiner Lehren als Fälschung hinzustellen. Diekamp bedient sich einer guten Beweisführung, um darzulegen, dass die Lehre der Wiedergeburt am 5. ökumenischen Konzil von Konstantinopel erneut verurteilt worden ist. So verweist er auf die allgemeine Synode zu Konstantinopel von 681, die eine Lesung der Akten des 5. Konzils von Konstantinopel veranlasste. Das Ergebnis wurde auf der 14. Sitzung vom 5. April 681 festgehalten. Hauptgegenstand der Untersuchung war, ob die Briefe des Papstes Vigilius von Rom, die er Justinian und Theodora überreichte, echt wären. Diese Frage tauchte auf, denn Papst Vigilius weigerte sich, am Konzil teilzunehmen, weil das Konzil nach seinem Dafürhalten eine ureigene Sache des Kaisers Justinian war. Das Untersuchungsergebnis stellte aufgrund eines Vergleichs mehrerer Exemplare die Echtheit der Handschriften fest.

Bezüglich der Verurteilung des Origenes versuchte man zu behaupten, der Name Origenes sei hinzugefügt worden, da er im 11. Anathem als letzter erwähnt wurde. Weiter fürte man ins Feld, dass das Anathem gegen Origenes den ureigensten Wünschen des Theodoros Askidos widersprach und gegen de Willen dieses Mannes nicht durchgesetzt werden konnte. Und schließlich wollte man einwenden, dass ein Brief, der vermutlich schon um 551 geschrieben wurde, bei der Auflistung der zu verdammenden Häretiker den Namen des Origenes nicht enthält. Dem ersten Einwand ist zu entgegnen, dass es folgerichtig ist, dass zuerst die anderen Häretiker genannt wurden, welche noch nicht verurteilt waren, weil Origenes bereits in einem kaiserlichen Edikt des Jahres 543 verurteilt worden ist. Zum zweiten Einwand ist festzuhalten, dass Theodoros' Position der Ereignisse wegen nämlich der eigenmächtigen Inthronisierung des Bischofs Makarios in Jerusalem durch die Origenisten und die anschließenden Unruhen geschwächt war, so dass sein Einfluss in dieser Zeit nicht stark genug war. Zum letzten Einwand sei erwähnt, dass eine erneute Verurteilung des Origenes durch die Klagen der palästinensischen Mönche aufgrund eines separaten Briefes Kaiser Justinians an die Synode folgerichtig auch auf Origenes ausgedehnt wurde.

Des weiteren führte Diekamp an, dass bereits am Laterankonzil von 649 die vierzehn Anathematismen der 5. Synode zitiert wurden. Er stellt außerdem fest, dass sämtliche verglichenen Handschriften die angefochtenen Stellen enthielten.


Zeugnisse einer eingehenden
Behandlung der origenistischen

Angelegenheit auf der 5. Synode selbst

Bei dem eingangs erwähnten zweiten Brief gegen Origenes handelt es sich um den Brief an eine Synode gegen Origenes. Die Verteidiger, dass das 5. Konzil die Wiedergeburtslehre nicht verdammt hat, versuchten darzulegen, dass dieser Brief einen Anhang an das Edikt Justinians des Jahres 543 darstellt. Diekamp widerspricht dem und zeigt aufgrund einer Gegenüberstellung des Briefes und der 15 Anathematismen des Konzils und unter Berücksichtigung des Ediktes vom Jahre 543 auf, dass es sich beim genannten Brief um jenen an die Synode selbst von Konstantinopel drehen muss. Dr. Alivisatos neigt eher dazu, diesen Brief als Anhang zum Liber aus dem Jahre 543 zu sehen (26). Dieser These kann nicht gefolgt werden, da Diekamps Gegenüberstellung dem überzeugend widerspricht. Unter Verweis auf Knecht (27) sei der Brief - so Diekamp - fast seinem gesamten Inhalt nach verschieden vom kaiserlichen Edikte und ziele in erster Linie auf die Verurteilung der Anschauungen gewisser Mönche in Jerusalem, die ihre Lehren auf die Philosophen Pythagoras, Plato und Plotin und auf die Lehrer von Origenes abstützten, während das Edikt in erster Linie Origenes verurteile. Ein Großteil der erlassenen Anathematismen ist deckungsgleich mit dem Briefe. Nur gerade bei vier Anathematismen konnte eine übereinstimmung mit dem Edikte festgestellt werden. Die zusätzlichen Anathematismen sind mit ziemlicher Sicherheit auf den Libellus der orthodoxen resp. protoktistischen Mönche Palästinas zurückzuführen, die 552 beim Kaiser vorstellig wurden. Die Zusammengehörigkeit ergibt sich auch daraus, dass sich die Anathematismen gegen die Parteidogmen der isochristischen Mönche Palästinas, die ihre Dogmen erst ab 547 entwickelten, richteten. Schon das allein deutet darauf hin, dass zwischen dem Brief und dem Edikte ein Zeitablauf einzufügen ist. Die auf diese Weise erfolgte Wiederbelebung gab genügend Anlass, Origenes und seine Anhänger erneut zu verurteilen. Origenes wird bei der Aufforderung zur Verurteilung an die Bischöfe von Justinian namentlich erwähnt und als gottlos bezeichnet. Damit sind er und seine authentischen Irrlehren noch einmal mitverurteilt worden.

Folgende Zusammenfassung des Briefes von Justinian
zeigt die wesentlichen Unterschiede zum Edikte von 543 auf, weist aber ausdrücklich noch einmal auf die Lehre der Präexistenz und der Apokatastasis hin.

"Die origenistischen Mönche behaupten, geistige Wesen ohne Zahl und Namen haben ursprünglich durch die Identität der Substanz, Kraft und Wirksamkeit, durch die Vereinigung mit dem Gott Logos und seine Erkenntnis eine Einheit gebildet. Als sie der göttlichen Liebe und Anschauung überdrüssig wurden und sich zum Schlimmeren wandten, wurden sie nach dem Grade des Falles mit feineren oder gröberen Leibern umkleidet, wodurch die Unterschiede zwischen Engeln, Sonne, Mond, Gestirnen, Menschen und Dämonen entstanden. Nur ein einziger ... aus der ganzen ... der Vernunftwesen verharrte unerschüttert und unentwegt in der Liebe und Anschauung Gottes; er ist Christus, König, Gott und Mensch geworden.
- Eine völlige Vernichtung der Leiber wird eintreten. Der Herr selbst legt zuerst seinen Leib ab, gleich ihm alle übrigen. Alle kehren wieder in dieselbe ... zurück und werden ..., wie sie es in der Präexistenz waren. Selbst der Teufel und die Dämonen treten in dieselbe ... zurück, die schlechten und gottlosen Menschen nicht minder wie die göttlichen und gotterfüllten Männer und die himmlischen Mächte. Sie werden dieselbe Vereinigung mit Gott erlangen, die Christus hat, ebenso wie in der Präexistenz, so dass ganz und gar kein Unterschied zwischen Christus und den übrigen Vernunfswesen bestehen wird, weder in der Substanz, noch in der Erkenntnis, noch in der Macht, noch in der Wirksamkeit."

Auch hier versuchten die Gegner, den Brief nicht Justinian zuzuordnen, was Diekamp widerlegt, indem er den praktisch deckungsgleichen Ingress zwischen dem Edikte und dem Brief an die Synode nachweist.

Zahlreiche spätere Schriftsteller und Gelehrten sprechen davon, dass am 5. Konzil die Lehre der Präexistenz verdammt wurde. Schon 557 meldete Kyrillos von Skythopolis von Jerusalem, das die 5. Synode den Theodoros von Mopsuestia, wie auch den Origenes und die Lehren des Evagrios v. Didymos über die Präexistenz und die Apokatastsis mit dem Anthem getroffen habe.

Ein außerordentlich wichtiger Bericht eines Kirchenhistorikers und Advokaten in Antiochien namens Evagrios, 17jährig, also ein Zeitgenosse, und streng orthodoxer Gesinnung (!), der mit hoher Wahrscheinlichkeit die Akten vor sich hatte, berichtet entsprechendes. Zufolge seiner orthodoxen Gesinnung ist anzunehmen, dass er anderes berichtet, als er gelesen hat. Auch ihm wollte man eine Verwechslung mit dem Edikt 543 andichten.
Weiter: Der Patriarch Elogios aus Alexandrien (580 - 680) schreibt wörtlich: ... "und es ward die selige fünfte Synode gehalten unter dem Kaiser Justinian gegen Origenes, Dydimos und Evagrios, die Thoren, die da schwätzen, unsere Seelen existierten früher, als die Leiber in den Himmeln und die Strafe, die ewig ist, habe ein Ende. Alles dies verwarf die von Gott inspirierte Synode."
Diekamp untersucht weitere Zeugnisse des 7. und des 8. Jahrhunderts und der folgenden Jahrhunderte, die zeigen, dass sich die Verbannung der REINKARNATIONSLEHRE am 5. oek. Konzil in Kostantinopel überliefert hat. Er weist aber auch nach, dass tatsächlich bei alten Schriftstellern die Synoden von 543 und 553 verwechselt wurden.

Anmerkungen:
(26) Dr. Hamilcar S. Alivisatos a.a.O.S.9 ff
(27) A. Knecht, Die Religionspolitik Kaiser Justinians I. (Diss) Würzburg 1896. S. 16 zitiert in Diekamp a.a.O. S. 83 FN2.


Zusammenfassung

Zusammenfassend kann festgehalten werden,

1. dass das kaiserliche Edikt gegen Origenes und seine Irrtümer im Januar 543 zur Verdammung des Origenes unter dem Patriarchen Menas von Konstantinopel führte. Sämtliche Patriarchen und auch der Papst Vigilius in Rom stimmten dem EDIKTE zu und unterzeichneten es. Es ist deshalb zu schlussfolgern, dass das Gesamtepiskopat die von Kaiser bezeichneten Irrtümer des Origines verworfen und ihn selbst mit dem Banne belegt hat. Diekamp führt dazu aus, dass diese Einmütigkeit, soweit es die Glaubenslehre betrifft, als ein definitives, unfehlbares, allgemein verbindliches Urteil gelten muss.

2. dass trotz des Ediktes die Streitigkeiten jedoch in Palästina andauerten; Nach dem Tode des Nonnos im Jahre 547 spalteten sich die Oringenisten in die ISOCHRISTEN und die PROTOKTISTEN. Letztere verbündeten sich mit den Orthodoxen, da die Isochristen die überhand erreichten und durch die eigenmächtige Erhebung des Makarios auf den dortigen Bischofsstuhl die Aufmerksamkeit Justinians wieder auf sich zogen. Die Isochristen verbreiteten die Lehre des Origenes weltweit. Das war im November oder Dezember 552. Ein halbes Jahr zuvor hatte der Kaiser die ökumenische Synode einberufen, zu einem Zeitpunkt, als die Origenistenfrage noch nicht aktuell war. Der Brief an die Bischöfe, in dem er diese aufforderte, die Irrlehren der palästinensischen Mönche zu verdammen und den beigefügten Anathematismen zuzustimmen, erfolgte demnach erst später.
In diesem Brief verlangt er in erster Linie die Verdammung der Lehren der damaligen Origenisten in Palästina. Origenes wird kaum erwähnt, obschon auch über ihn der Kaiser das Anathem fordert.

3. Die Bischöfe, die zum Konzil geladen wurden, haben den kaiserlichen Auftrag ausgeführt. über die Verhandlungen ist nicht viel bekannt. Nach den Erzählungen des Kirchenhistorikers Evagrios ist anzunehmen, dass den Bischöfen der Brief des Justinian und der Libellus (Büchlein, kleine Schrift) der Isochristen und die 15 Anathematismen vorlagen.

4. Papst Vigilius war an den Sitzungen nicht persönlich anwesend, da er sich gegen die Verwerfung der Dreikapitelslehre (28, 29) wehrte und die Synode als eine ureigene Sache des Justinian betrachtete. Aufgrund der Aussagen von Theodoros Askidos, des Kirchenhistorikers und Advokaten Evagrios ist davon auszugehen, dass er vorab zu der Verdammung der Irrlehren der palästinensischen Mönche seine Zustimmung erteilte (30).

5. Diekamp stellte die These auf, dass die Beratungen betr. der Verdammung der Lehren des Origenes der Eröffnung der eigentlichen Synode betr. des Dreikapitelstreites am 5. Mai 553 vorausgegangen sind, aber nicht früher als im März 553 anzusiedeln seien. Dass im 11. Anathem Origenes zusätzlich zu den bereits 551 verdammten Häretikern erwähnt wird, weist darauf hin, dass in der Zwischenzeit Beratungen stattgefunden haben.

6. Diekamp vertritt die These, dass selbst Justinian nicht davon ausging, dass er den Brief betr. der Verurteilung der origenistischen Lehren als Teil der oek. Synode betrachtete. In seinem Brief spricht er kein einziges Mal von einer Synode. Es sei deshalb nur folgerichtig, dass viele spätere Schriftsteller die Verurteilung der Origenisten mit Stillschweigen übergingen, zumal als erste Sitzung erst jene vom 5. Mai 553 bekannt ist. Auch der Umstand, dass sich Papst Vigilius die Akten betr. des Dreikapitelstreits zukommen liess, mag auch dazu beigetragen haben, dass im Abendlande zunächst von der Verurteilung der palästinensischen Mönche und der Erneuerung des Anathems über Origenes nichts bekannt wurde.

7. Die allgemeine Verurteilung der Häretiker einschließlich des Origenes im 11. Anathem würde - so Diekamp - zufolge der Unbestimmtheit nicht genügen, um von einem unfehlbaren Urteil zu sprechen, obwohl er einräumt, dass die gleichen Bischöfe an der Synode anwesend waren wie an der vorausgehenden Sitzung. Diese allgemein gehaltene Anathematisierung genüge indessen nicht, um sie den 15 Anathematismen gleichzusetzen (31).

8. Abschließend kann m.M. nach mit Diekamp trotz seiner Vorbehalte betr. der Unfehlbarkeit der Beschlüsse der 5. Synode grundsätzlich festgestellt werden, dass aufgrund des Abaufs der Verhandlungen und der Zusammensetzung der Teilnehmer und unter Berücksichtigung des kaiserlichen Ediktes von 543, dem die Gesamtkirche zustimmte, die Reinkarnationslehre am 5. oek. Konzil als Lehrgehalt gestrichen und der Bann über Origenes erneuert wurde. Dies selbst dann, wenn auch die Sitzungen betr. der Origenistenfrage den (eigentlichen) synodalen Sitzungen vorgelagert wurden. Die Ausführungen zur Unfehlbarkeit betreffen lediglich eine kirchendogmatische Angelegenheit und ändern am Umstande nichts, dass in der Folge die REINKARNATIONSLEHRE in der abendländischen christlichen Lehre nicht mehr überliefert wurde. Diekamps diesbezügliche Feststellungen vermögen demnach nichs daran zu ändern, dass seit der Anathematisierung der Lehren der palästinensischen Mönche und der Erneuerung des Bannes über Origenes im Jahre 553 die Reinkarnationslehre in der christlichen Lehre zum Ersticken gebracht wurde (32).

Anmerkungen:
(28) Dreikapitelstreit: die teilweise bis ins 7. Jahrh. dauernden Streitigkeiten innerhalb der lat. Kirche um die nachträgliche kirch.Verurteilung der zum Nestorianismus neigenden Theologen Theodor v. Mopsuestia,
Theodoret v. Cyrus und Ibas v. Edessa (+457), und deren verurteilte Schriften sind als die "drei Kapitel" (Kapitel = Verdammungsurteil) bezeichnet worden. Die Verurteilung erfolgte auf Bestreben Justinians I. durch das 5. allg.Konzil; Papst Vigilius stimmte nach langem Widerstand zu (Brockhaus-Lexikon).
(29) Der Dreikapitelstreit wurde von Theodoros Askidos, einem Origenisten der nea Laura des heiligen Sabbas und Bischof von Caesarea in Kappadochien initiiert, der die Orthodoxen, die die Verurteilung der Origenisten verursachten, dadurch erniedrigen wollte. Mit der Verurteilung der Drei Kapitel hat Justinian den (‚seinen‘) einheitlichen Glauben durchgesetzt und den Streitigkeiten zwischen Origenisten und Orthodoxen ein Ende gesetzt (vgl. Dr. Alivisatos, a.a.O. S. 28ff). Nestorianismus: aus der christl. Kirche Persiens hervorgegangene Glaubensgemeinschaft (3. Jahrh. nach Christus), den Monophysitismus ablehnend und im Gegensatz zur dogmatischen Stellung der byzantinischen Reichskirche. Erzbischof von Istanbul Nestorius vertrat die Auffassung, dass die göttliche und menschliche Natur in Christus zu finden sei. Mutter Maria wäre nicht die Mutter des göttlichen Christus, sondern die Mutter des menschlichen Christus. Auf dem Konzil von Ephesus (431), dem Räuberkonzil, wurde Nestorius zum Ketzer verurteilt, da er Jesus (lediglich!) als erleuchteten Menschen verstand. Damit erhielt die Lehre des Monophysitismus wieder überhand, die die göttliche Natur Jesus überbetonte. Am Konzil von Chalcedon (451) wurden die göttliche und menschliche Natur Jesus wieder bestätigt. Die Tatsache, dass in jedem Menschen ein göttlicher Funke wirkt, der dazu bestimmt ist, über das Menschsein zur Gottheit hinaufzuwachsen, ging im Meinungsstreit völlig unter, obwohl am Konzil von Chalcedon (451) beide Naturen Jesu bestätigt wurden. Im Kern wurde die Aussage der zwei Naturen Jesu nicht verstanden. Denn das Universale Sein des Menschen (und nicht nur von Jesus) ist göttlich und menschlich. Mit der Streichung der Reinkarnationslehre aus dem christlichen Glaubensbekenntnis wird es dem christlichen Menschen – nach der christlichen Lehre – vorenthalten, das
Gottsein über den Weg der Wiedergeburt (als Sieg über das Menschliche und auch Materielle) zu erwerben.
(30) Dr. Franz Diekamp, a.a O. S. 114 und 132, Diekamp räumt aber ein, dass es sich hier nur um eine Zustimmung zu einem Entwurfe Justinians drehte. Es sei sodann nicht möglich, zu zeigen, dass Papst Vigilius‘ Zustimmung als ein endgültiges und die ganze Kirche bindendes Urteil anzusehen gewesen wäre. Da aber nachträglich alle Bischöfe zustimmten, hätten die 15 Anathematismen eine bindende Bedeutung erlangt. Immerhin müsse eingeräumt werden, dass nur die palästinensischen Bischöfe ihre Zustimmung erteilten und dazu aufgefordert wurden. Es besteht keine entschiedene Wahrscheinlichkeit, dass auch die übrigen Patriarchate zum Beitritte aufgefordert wurden.
(31) Aehnlich: Holger Kersten, a.a.O. S. 152 ff. vertritt gar den Standpunkt, dass das vermeintliche Verbot der Wiederverkörperungslehre nichts weiter als ein historischer Irrtum sei, da die offiziell dem Papst vorgelegten Protokolle nur die Sitzungen betr. des Dreikapitelstreits enthielten. Entscheidend sei, dass die Beschlüsse vom Papst hätten ratifiziert werden müssen, ohne dies sie nicht zu Konzilsbeschlüssen erhoben werden können. Holger führt auch an, dass von den 165 Bischöfen gerade ein Dutzend aus Westrom stammten. Nach ihm handelt es sich um einen persönlichen Bannfluch des Kaisers und das vermeintliche Verbot des 5. Konzils würde einen historischen Irrtum darstellen. Es wäre seine Frau Theodora gewesen, die ihre Vergangenheit als Kurtisane auslöschen wollte und deswegen ihren gesamtem Einfluss auf den Regenten geltend machte, da sie der festen Ueberzeugung von der Wirksamkeit eines solchen Verbannung war. Holger führt jedoch zu dieser letzten Darstellung keine Quellenangabe an.
(32) Dr. Hamilcar Alivisatos äussert sich (anders als Holger Kersten siehe FN 32) dahingehend, dass Diekamp überzeugend nachgewiesen hätte, dass sich auch das 5. Oek. Konzil mit Origenes beschäftigte und endgültig Origenes und seine Anhänger verurteilte S. 27 dort (FN 3).


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