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Traum-Bergwanderung
von der Eng über Binsalm, Binssattel, Faul
Eng, weiter über den schwindelnden
Höhenweg am Grameihang, hinunter über
den Gramaigraben mit berauschenden
Ausblicken in die Eng, Enger Grund, Hasentalhütten,
Kompar...
Sonntag
14. Juni 2015
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den Fotos
Eigentlich hatte ich mit Erdogan, dem LKW-Fahrer
aus der Türkei eine schöne Tour vorgehabt.
(wir hatten letztes Jahr um die gleiche Zeit schon
eine schöne gemeinsame Isar-Wanderung
gemacht).. Doch als ich ihn morgens um 7.00 Uhr
anrief, um ihm zu sagen, dass ich ihn in Kürze
vom LKW abholen würde, sagte er ab, er hatte
die Nacht nicht gut geschlafen. Also fuhr mich Wolfgang
nach Bad Tölz. Dort fuhr gerade der Eng-Bus
weg. Also fuhr Wolfgang auf der Schnellstraße
nach Lenggries zum Bahnhof. Wir kamen 5 Minuten
vor dem Bus an (ich danke dir von Herzen lieber
Wolfgang, dass du mir diesen herrlichen Tag möglich
gemacht hast).
Der Obulus für den Bus von Lenggries bis in
die Eng (und zurück) macht 13 Euronen. Ich
genieße die Busfahrt mit dem sehr redseligen
Busfahrer.
Als
ich aussteige fühle ich sofort den unglaublichen
Segen dieser Gebirgsluft.
Gleich
gehe ich los über den kleinen Steig zum Fuhrweg
der Binsalm. Hier ereilt mich ein Missgeschick,
das wohl schon dem einen oder anderen Wanderer passiert
ist. Ich musste plötzlich so unglaublich dringend,
dass ich befürchtete es würde buchstäblich
"in die Hose" gehen, wenn ich mich nicht
sofort irgendwo hinsetzen würde. Ich überlegte
fieberhaft wo, denn der Hang ist steil und wegen
der Kühe von einem Zaun mit Strom gesichert.
Da hastig hindurchzuschlüpfen würde bedeuten,
einen Absturz zu riskieren. Auf der anderen Seite
ist zum Felsen nicht viel Platz sich zu verstecken.
Bei einer Biegung fackele ich nicht lange und steige
wenige Schritte ins Grün... dort setze ich
mich hin und mache einen hübschen großen
Haufen. Und ich sehe mit Schrecken, dass es wohl
nicht mehr ganz rechtzeitig geschafft hatte....
Just in diesem Augenblick kommt eine riesige Gruppe
Wanderer den Weg herauf... das ist der Alptraum
aller Gebirgswanderer! Ich rette mich, indem ich
mir denke: "Mich gibt es gerade nicht!"
und schaue auf die Bergwände ... aber die Stimmen
wollen nicht verebben - und zu allem Übel merke
ich erst jetzt an ihren Stimmen, dass der Weg nach
der Kehrtwendung direkt über mir weiter geht.
Ich kann mich am steilen Hang kaum noch halten,
aber ich beisse mir auf die Lippen... jetzt bloss
nicht aufstehen! Irgendwann werden ihre Stimmen
leiser und ich kann mich endlich aus meiner misslichen
Lage befreien und alles in Ordnung bringen...
Ihr
könnt euch gar nicht vorstellen, wie glücklich
ich mich jetzt fühlte! Weiter oben am Gramaigraben
begegnete ich ihnen wieder ... Sie kommen in einiger
Entfernung hinter mir den Binssattel herauf. Aber
sie gehen zum Glück nicht denselben Weg, sondern
zum Hahnenkämpl hinauf.
Die Stimmung ist grandios. Die Sonne gießt
weissgoldenes Licht auf die Landschaft ... die Stille
ist fühlbar!
Vorbei
geht es an der Binsalm, wo ich mir noch mal auf
der Karte ansehe, wo ich abzweigen muss, um nicht
am Lamsenjoch zu landen - und mit ein paar Wanderern
über die Wetterlage rede. Es zieht nämlich
ein Wetter herauf. Aber es wird erst gegen 16 Uhr
erwartet. Danach ziehen die Wolken wieder ab und
es sieht erst mal so aus, als bliebe der Tag sonnig.
Oben
am Gramaisattel bin ich überwältigt von
der Schönheit dieser Landschaft! Die Gramaialm
liegt schön an den Fuss des Sonnjochs geschmiegt
... Der Steig hinüber zum Gramaikessel ist
ein wunderschöner Alpengarten - ein Meer von
Blumen ... wie ich es in diesem Jahr schon so oft
erlebt habe. Der Gramaikessel sieht aus wie ein
Wohnzimmersofa mit Kissen.... und so fühlt
es sich auch beim Gehen an, und es gibt unzählige
Murmeltier-Löcher - aber ich sehe keines. .
Markierungen sind hier keine zu finden. Man muss
seinen Weg selbst finden.
Dann
- am Ende des Kessels sehe ich eine große,
frisch gemalte Markierung und freue mich, dass ich
genau den richtigen Punkt gefunden habe. Es geht
in weiteren Kesseln hinunter, vorbei an der Bärenwand
... Ich muss über ein Schneebrett - aber auch
das geht wunderbar.
Hier
zieht das Wetter plötzlich sehr schnell zu.
Ich bitte meine himmlischen Helfer, das Wetter ein
wenig von mir abzulenken, oder zu warten, bis ich
wieder unten bin.
Eine Gemse fiept. Ich sehe sie sofort. Sie schaut
mir gerade in die Augen und scheint mir etwas zu
sagen. Sekunden später begreife ich es. Sie
schaut aus sicherem Schutz aus den Latschen zu mir
herüber. Ich verstehe und kauere mich sofort
unter die Latschen, werfe Wanderstöcke und
Regenschirm weit von mir. Und sofort beginnt es
peitschenartig zu regnen und zu hageln. Danke
liebe Gemse, für deinen rettenden Tip!
Eine Zeit lang liege ich flach auf dem Boden ...
es ist unglaublich angenehm hier. Der Regen und
der Hagel trifft mich zwar - aber längst nicht
so heftig wie im Freien. Meine Beine werden leicht
nass - und ich wundere mich darüber, wie angenehm
sich der Regen anfühlt, der von den Latschen
auf meine Beine tropft. Mein Körper ist warm
und ich fühle mich wohl. Jetzt weiß ich,
wie sich Gemsen hier oben wohl fühlen...
Und
ich weiß: der Himmel hat mich erhört,
denn es gab hier bei mir nur einen Sturm und Regen
- und kleiner Hagel - aber es kamen keine Blitze
und das heftigere Wetter ging wohl woanders herunter,
wie ich später hörte.
Es
regnet noch ein bisschen - aber ich gehe nach einer
Weile dennoch weiter über das ziemlich lange
Geröllfeld, das vom Sonnjoch aus gefüllt
wird. Weiter unten ändert sich wieder die Landschaft.
Hier ist alles üppig grün und die Faul
Eng Quelle entspringt hier. Der Bach plätschert
munter glucksend über herrlich bunten Felsen.
Hier gerate ich für einen Moment an meine Grenzen.
Denn der Weg ist abgebrochen. Da wo ich hin muss,
kann man sich nicht festhalten, und durch den Regen
ist der steile Weg aufgeweicht, ich rutsche ab.
Am Felsen daneben geht es nicht, da kommt man nicht
zum Weg hin, das wäre mir zu gefährlich.
Und direkt über mir sind Latschen, da kann
ich auch nicht dran vorbei. Ich sammle ganze 10
Minuten innerlich Kraft und Ruhe, dann gebe ich
mir einen Ruck ... und bin oben!
Von hier aus geht der Weg fussbreit und sehr oft
schräg zu gehen... oft sind kleinere lockere
Fels- und Geröllabschnitte zu überwinden.
Aber der Weg ist insgesamt wunderschön und
voller grandioser Ausblicke. Ich freue mich wie
ein kleines Kind.
Weiter hinten, als sich der Weg wieder Richtung
Sonnjoch von der hinteren Seite wendet, gibt es
wieder mal eine Vertrauensprobe. Ich spüre,
wie die Angst hochsteigt. Noch immer ist der Weg
kaum in Richtung Tal zu spüren. Bisher ging
es auf einer Art Hochweg - nur unendlich schmal
und schwindelnd - immer auf gleicher Höhe.
Ich stelle mir vor, dass der Weg am Ende zum Sonnjoch
hinaufgeht, und gar nicht ins Tal. Oder dass es
am Ende nur ein Ausguckweg ist - der gar nirgendwo
hinführt. Oder dass er drüben auf der
anderen Seite des Bärengrabens über die
Felswände führt. Mir wird schwindelig,
ich zittere am ganzen Körper und schwitze.
Bisher habe ich ja schon so einiges überwunden.
Aber das wäre dann doch zu viel. Und die Anstrengung
zurückzugehen würde ich wohl bis zum nächsten
Wetter nicht schaffen. Also müsste ich hier
oben nächtigen. Irgendwann meldet sich mein
höheres Selbst. Ich soll es doch mal mit Vertrauen
probieren. Das versuche ich auch, aber es dauert
ein paar Minuten. Dann gehe ich ruhig weiter und
bringe mich wieder in die Genießstimmung.
In diesem Augenblick macht der Weg die erste Kehrtwende
nach unten ...
...
und ich lande mitten im Paradies. Hier ist ein Ort
zum Träumen und Meditieren. Die Stimmung ist
sooo feierlich - ich kann es tief in meinem Herzen
spüren. Hier kann und will ich nicht weiter
gehen. Ich lege meinen Rucksack ab und genieße
meine Pause. Es
gibt Kräutersalat und Gurke mit ein paar Macadamia-Nüssen.
Das ist alles, was ich heute esse!
schmeckt unendlich gut, macht richtig satt und rundum
glücklich:
Brennesseln, Hainsalat, Gras,
Ährige Teufelskralle, Giersch, Löwenzahn
+ Blüten, Wundklee, Gänseblümchen,
Rotklee ... Körner von 1 Mais + 2 Tomaten.
Ich
fühle mich wie im Wunderland. Ein kleines Glühwürmchen,
das sich auf meinen Finger setzt, bildet den krönenden
Abschluss dieser wundervollen Pause. Ich verabschiede
mich von diesem wundervollen Ort und gehe weiter.
Weiter
unten ist der Weg immer wieder von umgefallenen
Bäumen verwehrt. Den ganzen Graben entlang
steige ich über umgefallene ... noch voll im
Leben stehende Tannen und Fichten... ich bete für
die Bäume, für die Tiere und für
die Menschen ... und für die Zeit, die uns
bevorsteht! Gottes Segen für die ganze Erde!
Irgendwann
komme ich beim Bärengrabenbach an... hier ist
der Wald üppigst mit Kräutern bewachsen
... irgendwo singt eine Drossel... auch hier bleibe
ich lange stehen und genieße die Stimmung.
Am Ausgang des Steigs steht ein Schild: Plumsjoch
... sonst nichts - und es zeigt nach rechts Richtung
Plumsjoch.
Weiter unten öffnet sich der Blick auf das
Kühschlagl mit einem herrlichen Ahornwald.
Heute sind sehr wenige Besucher im Engtal, deshalb
ist der Frieden und die Ruhe so überwältigend.
Ich kann nicht auf hören, Bilder zu machen.
Gleich hier möchte ich mein Bett aufschlagen
- und ein paar Tage bleiben !
Irgendwann
mache ich mich wieder auf den Weg und gehe hinunter
zum Ahornboden. Nachdem ich sehe, dass wirklich
nur sehr wenige Autos hier durch kommen - und der
Bus um 19 Uhr das letzte Mal fährt, ich aber
nicht weiß, wie spät es ist, entschließe
ich mich zu trampen. Ein Ehepaar nimmt mich bis
zur Mautstelle Isar/Rissbach und Postallm in Vorderriss
mit. Von dort aus komme ich mit Studentinnen , die
sich gerade mit Farnen und Moosen beschäftigen,
bis Bad Tölz. Hier muss ich noch eine 3 km
lange Wanderung bis zur nächsten Trampstelle
machen. Auf meinem Weg fange ich noch schönen
Abendmomente an der Isar ein.
Heute
gehe ich schon sehr früh zu Bett und schlafe
wie ein Murmeltier und träume vom kleinen großen
Paradies !
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